BERGA

Wir verlassen Hellenthal an der belgischen Grenze in Richtung Thüringen. Auf direktem Wege aber ohne zeitlichen Druck. „Day Off“, also einen Tag frei vorm nächsten Auftritt lautet das entspannte Motto.

Nicht unbedingt verkehrt, denn den annähernden Schlauch dieser Wahnsinnsroute haben wir erst vor 3 Wochen von Bitburg nach Ferropolis ausgiebig „genießen“ dürfen.

Irgendwo auf halbem Wege ist glücklicherweise erstmal Feierabend mit der notgedrungenen, notorischen Nascherei an den verflixt nervigen Nielometern, nicht wahr, Mike? (Rechtsschreibefehler ist beabsichtigt, bandintern).

Limburg heißt das Etappenziel. Kein Käse, Leute. Erstmal verlustieren, ordentlich auspennen und dann auf zu neuen, lauten böhsen Taten.

Quartier bezogen wird in der Pension „Prediger“. Wir assoziieren diesen Namen selbstverständlich nicht mit den hinlänglich bekannten, kirchlich dogmatisierten Konfessionskriegern. Auch Freidenkertum lässt sich bekanntlich „predigen“.

Analog zu dieser selbst gebastelten Weisheit mustert uns in wahrhaftiger Würde äußerst dezent neugierig der eigentliche, vierbeinige Herr des Hauses, ein uralt Retreiver mit dem komplett weltentrückten Blick einer lebenserfahrenen Kreatur. Bruno Bräsig erschüttert rein gar nichts mehr. Beneidenswert.

Die angesprochene Verlustierung äußert sich laut knatternd, zwangsläufig behelmt und in fiesen Kurven mit´m Arsch knapp über´m Blech der Bahn. Genau, Kart nennt sich das genüssliche Gaspedal Gespiel. Über 50(!) Runden.

Car(t)ina zerlegt, ganz draufgängerisch, erstmal einen Vollgummireifen, während Herr Krid genau so fährt, wie er trommelt. Brachial, aber erfolgreich.

Dem Verfasser dieser Zeilen, akkreditiert durch das Pseudonym „Reto Pauli“, rumpelt durch die permanenten Erschütterungen der Mageninhalt langsam aber stetig Richtung Kinnlade. Pro Runde einen Zentimeter mehr, bis nichts mehr geht.

Boxenstop, ab zum Intensivkotzen und damit letzter Platz. Trommler Schumi erhält seine Siegermedaille umgehängt, ein italienischer Rennstall verkennt ein Talent. Darauf ein gemeinsames Bier. Gerüttelt, nicht geschü(h)rt. Oder so ähnlich.

Abends dann Mangare trotz WM im Garten bei „Mamma“, also ebenfalls italienisch in der malerischen Altstadt Limburgs zwischen Uralthäusern, die jede Wasserwaage hämisch feixend in den Wahnsinn treiben.

Aus dem historischen Dom schreitet eine vermummte Gestalt. Anhand der weiten Entfernung ergeben sich durchaus Assoziationen zu einem Pinguin im zu großen Frack.

Darunter lächelt jedoch, bei reduzierter Entfernung gut sichtbar, ein freundliches Gesicht. Es wäre eben nicht der Trommler, wenn nicht eine schelmische Alternative zur Bezeichnung Ordensschwester parat liegt. „Fee in Rente“ wird die Dame intern, ebenfalls freundlich grinsend tituliert.

Unter den Gästen im Hof des Restaurants mal wieder teils panische, schlecht verhehlte, ängstlich abweisende Blicke spießbürgerlich humorloser Kleinstkarierter. Unfähig, in Gesichtern lesen und Stimmungen erkennen zu können. Wohlsituiert, aber strohdoof.

Mein Gott Erwin, schau mal, wie bunt verschandelt die sind. Genau Griseldis, wahrscheinlich alles Verbrecher, sieh´ da bloß nicht so auffällig hin.

Bemitleidenswerte, armselige Nullen ohne jeglichen Instinkt. Vom Personal einmal ausdrücklich abgesehen.

Ein Tisch klappt ohne äußerliche Einwirkung ab, unser Master of Merch hat das Bier genau da angeschwemmt bekommen, wo es später anatomisch bedingt austreten sollte. Sieht komisch aus….

Es fängt an zu regnen und wir bestaunen kopfschüttelnd eine Rabenmutter, die ihrem Kind die Kapuze vom Anorak stibitzt hat, um ihre fragwürdig ondulierte Dauerwelle zu retten.

Im nachfolgend besuchten Irish Pub dröhnen songs von den Doors, Jimi Hendrix und Steppenwolf aus den Boxen. Typisch irische Mucke eben….

In Predigers guter Stube mit teils echten Antiquitäten und einem glücklicherweise nicht eingeschalteten Radio aus den 50er Jahren wird sich am nächsten Morgen, mit Bruno unterm großen, runden Kommunikationstisch, die Grundlage für die Fahrt nach Berga einverleibt.

Die bereits im Tagebuch vom OFT beschriebene Düstercharme „Grenzstation“ präsentiert sich heute noch düsterer, es schüttet bei dunkelgrauem Himmel ausgiebig und ist arschkalt. Wahrscheinlich geht es im angrenzenden Beate Uhse Etablissement wesentlich heißer her, aber die persönlich proklamierte Parole heißt Porno Pause.

Für Prunk Partys per Excellance plädieren dann pompöse Plakate im paradiesischen Pölzig: „Untreu Fete“ sowie „Hax´n bis zum Platzen“ werben um Gäste. Voll Fressen und Fremd F…. Alter Schwede, Rom lässt grüßen, mitten in Thüringen.

Die Umstände in der Stadthalle präsentieren sich in jeder Hinsicht positiv identisch wie bei unserem ersten Besuch am 30.4. 2006. Es ist durchweg sehr angenehm, die Stimmung ist dementsprechend.

Genau wie später im wiederum äußerst bunt gemischten Publikum. Ohne den leisesten Hauch von Aggressionen geht die Post gewaltig ab.

Allerdings ist bei diesem zweiten Konzert die Hütte erheblich besser besucht als bei unserem Debüt Gig. So soll es sein.

Erstmalig stehen heute 6 Eigenkompositionen auf der Setlist. Darunter auch die traumatisch trancige Losgehwumme „Deine Last“ von der voraussichtlich im Dezember veröffentlichten CD „So Sieht Das Aus“.

Bei „Kirche“ wirkt Achimo dann wie der Leibhaftige persönlich. Von unten bö(h)sartig im wahrsten Höllenrot angestrahlt, mutiert unser Frontferkel optisch zum dämonischen Papstschreck. (Siehe Bilder)

Nach soviel Inspiration folgt zwangsläufig die Transpiration. Die Hitze ist allgegenwärtig und recht anstrengend. Schnapp Dir Luft, so lange noch welche da ist, könnte das Motto heißen.

Nach 35 Liedern (inkl. 2 Zugabensets) ist die Physis reduziert, die Schweißreserven sind bei allen Beteiligten verbraucht in der Gewissheit, dass eine rundum gelungene Nacht zu Ende geht. Und zwar mit der akustischen Ballade „Herzblut“ von der Neuen. Premiere in Berga.

Beim Abbau läuft dann noch passender Weise „Worte der Freiheit“ von der „Schwarzen“, denn heute ist der Tag der deutschen Einheit.

Gut, dass Alles so gekommen ist. Auch aus ein wenig Eigennutz, denn die ENKELZ fahren sehr gerne in die neuen Bundesländer, haben bis jetzt nur positive Erfahrungen gemacht.

Gepennt wird wieder in dem Hotel mit den freundlichen Menschen in direkter Nähe zur malerischen Burg.

Eine Umleitung führt uns durch absolute Wildnis. Wir sehen die Autobahn zwar des Öfteren parallel zum Fahrtweg, kommen aber erst wesentlich später darauf.

Dementsprechend folgt ein Hinweisschild der aberwitzigen Sorte. Es wird gebaut, angeblich auch für uns, und zwar auf der gigantischen Streckenlänge von 3,25km bis lediglich Ende 2009!!!

Man dankt für unser „Verständnis“ und anhand wohl verständlicher Sprachlosigkeit kommen weitere Fragen erst gar nicht auf.

Allerdings ein kurzfristig gedachtes „Ihr uns auch“ an das Bundesverkehrministerium. Immerhin sind die restlichen knapp 1700 Km dieses verlängerten Wochenendes in Ordnung. Übliches Quantum abgefahren und somit „Asphalt drüber“.

Knutzen