MOSBACH – ELZPARK 10.6.2006

Reisen bildet. Unter diesem Motto „freuen“ wir uns auf die knapp 500 Km von OB nach Mosbach. Es gilt, die „Gröhste Onkelz Nacht Deutschlands“, kurz G.O.N.D. als Headliner zu rocken.

Deren Veranstalter haben sich weit aus dem Fenster gelehnt und wir sind doch recht gespannt, wie sich „Der Stand Der Dinge“ in Natura so darstellt. Von wegen Anspruch und Wirklichkeit. Nun denn, die Symbolik im Sinne der Wortspielereien stimmt jedenfalls:

MOSBACH = Mega Onkelz-Sause Bach. Und das Ganze zur Krönung noch im (O/ENK) ELZpark. Eigentlich kann das kein „Dunkler Ort“ sein.

Autobahnen sind zwar im besten Fall nur öde zu bebleifußen, bieten aber zumindest orientierungsmäßig die Möglichkeit einer Standortbestimmung. Ein abruptes Ende dieses Luxus kann dann auf den sogenannten Landstraßen passieren, spätestens wenn die Postkutschen Kompatibilität dieser alt eingeschlungenen Römerpfade erschreckend verwirrende Ausmaße annimmt.

Unsere folgende Expedition ins provinzielle Nirvana nimmt Dank eines nicht ganz so fitten Routenplaners exorbitante Ausmaße an und wir fühlen uns bisweilen so kundig wie einst MTV zu den Frankfurtern oder der hardcore Schwachmat der Rhein Neckar Zeitung, der zu dieser Veranstaltung später noch seinen Darminhalt in die Tastatur furzen wird. Nämlich gar nicht.

Der kuriose Kurort „Mückenloch“ sticht völlig ohne Juck-, eher mit Jux Reiz ins vehemente Vakuum unseres latent löchrigen Ortsverzeichnisses. Kollektives Aufatmen, als sich das sagenumwobene Aglasterhausen – die heimliche Hauptstadt des lauteren Rock´n Roll schlechthin – per Ortseinfahrt ankündigt, nun kann es nicht mehr weit sein.

Trotzdem befinden wir uns lt. einigen Hinweisschildern im „Tollwut gefährdetem Gebiet“. Eine leicht überspitzte Anspielung auf die zu erwartenden, enthusiastischen Reaktionen des Publikums oder ernstgemeinte Warnung vor durchgeknallten Viechern mit Schaum vorm Mund? Oder schlimmstenfalls, als Endprodukt der Seuche, gar „Journalisten“ mit gänzlich aufgeweichten Hirnzellen?

Das zu rockende Areal in Mosbach ist landschaftlich beeindruckend gelegen, weiträumig, bestens aufgeteilt und wirkt größeren Ansprüchen gerecht. Bühne, FOH (Front Of House – Tower für Licht und Sound), Equipment usw. geben keinerlei Grund zum griesgrämigen Grummeln.

Unser Backstage Container ist zweigeteilt, bietet somit beiden Bands Platz und kann getrost als „Verenkeltes Offizierskasino in Wellblechausführung“ in die Annalen eingehen.

Eine lückenlose Dixie Klo Wand erinnert optisch vage – von der Farbe mal abgesehen – an die Verstärker Front der Marshall Amps von Gonzo.

Die durch eine Nationalflagge unmißverständlich bestens zu erkennende BO/EZ Fraktion aus der Schweiz wird massiv zur Teilnahme ihrer Fußballmannschaft an unserer WM beglückwünscht. Doppelgrins in Stereo, powered by Toblerone ohne türkischen Honig.

Ein nicht eben geringer Teil der Hörigen zeltet ca. 20 km vom Gelände entfernt in Adelsheim und wird per Sonderzug nach Mosbach verfrachtet. Am Bahnhof wartet eine „Marching Band“, also eine Kapelle, die beim Marschieren musiziert. In diesem Falle ein bunt gewürfelter Haufen aus ca. 30 Musiker/innen, vornehmlich und bewußt in skurrile Lumpen gekleidet. Underdog Fashion meets Mardi Grass. Köstlich.

Dieser kuriose Trupp – bestückt mit Tubas, Tablas, Trompeten, Tröten, Trommeln, Täteratäs und sonstigen klöternden Klapperatismen soll die Feierwütigen zur „Wiese der Dröhnung“ vorweg begleiten.

Äußerst speziell, weil die positiv Abgedrehten auch noch ein paar Onkelz Lieder einstudiert haben und mit „Mexico“ das Gelände erreichen. Triumphaler Trampel Transport im transzendentalen Tequila Trance. Wer jetzt nicht zumindest breit grinsen muß, ist definitiv ein Muffel und hat hier rein gar nichts zu suchen.

Das Gelände füllt sich bei absolut stressfreier Stimmung und abendlichen Traumwetter zusehends. Die menschlich nicht unbedingt wirklich „satanischen“ Offiziere decken das Bedürfnis nach alten BO Liedern wie üblich perfekt ab.

Der Auftritt der ENKELZ dauert dann genau 3 Stunden und 11 Minuten! Pünktlich beginnend mit der relaxed groovenden Eigenkomposition aus dem „Peyote-Coyote Desert Inn“ um 21.45, da unwiderruflich spätestens exakt um 01.00 Uhr aufgrund behördlicher Auflagen Schluß sein MUSS! Insofern zählt jede Minute, auch für seine Durchlaucht, Herrn Dizzy himself.

Eine typisch sommerlich aufziehende, schwerelose Dunkelheit überflutet langsam seicht und harmonisch das Areal. Die wie üblich erstklassig inszenierte Licht Show von Marc kommt voll zur Geltung. Der Sound von Sebastian ist eh eine glatte Eins mit drei Sternen, die Brustbeine vibrieren dezent vom Schalldruck a la Windstärke 12, die Gedärme rumoren angenehm wie bei einem hastig gestürztem, deftigen Grog im tiefstem Winter. Der glasklare Sound ist bis in die hintersten Winkel der Festwiese zu genießen.

Analog zu diesen gesamten, fast schon (groß) familiären Szenario präsentiert sich der Chor der Eingeweihten in Höchstform. Gott...sonstwie Fischer hätte seine helle Freude.

Mit Superlativen sollte sparsam umgegangen werden, aber der Anblick inkl. der gesamt gefühlten Vibrationen unserer bis dato grö(h)ßten Meute von locker 10.000 (!) Überzeugten ist ein echter Brustwarzen Härter. Whole Lotta Gänsehaut.

Selbst die offiziellen Ordnungshüter in Uniform neben der Bühne sind komplett entspannt bis angetan, wie die im Takt wippenden Füße eindeutig belegen.

Entsprechend losgelöst ist die Spielfreude der Bande. Gegenseitiges Aufstacheln mit den Infizierten, das oft zitierte Geben und Nehmen, jeder profitiert vom Anderen, keine/r verliert, jede/r zieht sich seinen/ihren Teil aus der fast schon physisch spürbaren Energie heraus. Das symbiosische O/Enkelz-Mania-O-Meter qualmt auf Hochtouren, wird ständig ausgelutscht aber gleichzeitig neu aufgeladen. Die Meute dreht gewaltig, aber total friedlich am Rad.

So sehr, daß der Graben zu brechen droht. Springflut gegen einen aufgeweichten Deich. Thor, rauch´ Dir einen. Die Wellenbrecher biegen sich bedenklich, trotz Pufferzone. Eisenrohre zum Gegenhalten/Keilen der Absperrungen sind zum Glück vorhanden, das THW plaziert Erdnägel und ein Großteil der BOSC Crew bzw. der Secu stemmt sich mit aller Macht schweißtreibend der frenetisch jubelnden menschlichen Wand entgegen. Mit erzittertem Erfolg, alles hält stand.

Auch dann, als zwei aufreizende Senoritas im klassisch touristischen Mexico Outfit die Bühne entern um den besagten, gleichnamigen Gassenhauer lasziv tänzerisch zu untermalen. Daß die Ponchos wegfliegen werden ist klar, und was da drunter zum Vorschein kommt auch. Es buben die Besen (Hääh??? Kopfkratzgrübel, nun ratet mal schön) und manch einem der Sangesknaben in den ersten Reihen stehen verschämte Penisierungsgelüste förmlich ins Gesicht... na, sagen wir mal „gestanden“. Tja, werte Herren der Schöpfung, unerreichbar lieblich lüsternes Lecker Lechz.

„Auf gute Freunde“ ist z. Zt. das unwiderruflich letzte Lied eines jeden ENKELZ Konzerts. Heute ist eine einmalige Ausnahme angedacht. „Erinnerungen“ soll gespielt werden. Rein instrumental, also ohne Gesang. Den soll gefälligst die Meute übernehmen.

Tja, und mit eben DEM anfänglich die Melodie bestimmenden Instrument, nämlich dem Keyboard, hat der Teufel wohl offensichtlich einen destruktiven Pakt geschlossen. Zum Ersten ist die eingegebene Programmierung aus unerklärlichen Gründen völlig verstellt, zum Zweiten ist das Netzteil seit Stunden unumwunden verschwunden. Und ohne DAS geht gar nichts.

Irgendwie hat´s dann doch noch ¾ mäßig geklappt, Dank der Unterstützung der 10.000. So unbedingt wohl ist den Perfektionisten der ENKELZ dabei nicht gewesen, dafür liegt die selbst auferlegte Meßlatte viel zu hoch. Egal, LIVE Mucke hat eigene Regeln.

Eine bestechend eindrucksvolle Nacht ist zu Ende. Noch einmal von dieser Stelle uneingeschränkten Respekt an die Neffen und Nichten, die innerhalb kürzester Zeit das Gelände diszipliniert verlassen.

Wir nächtigen wieder in den äußerst genehmen, separaten Appartementhäusern des „Adelsheimer Hof“. Zum Frühstück am Mittag ist die zentrale Lokalität des Anwesens bereits bestens besucht. Etliche Gesichtszüge der eher konservativen Gäste entgleisen hochkarätig und einige Löffel bleiben auf halben Wege zu den urplötzlich weit aufgerissenen Mündern abrupt in der Luft stehen, als der schwer tätowierte Troß der ENKELZ feixend aufläuft. Kollege Karneval kreiert die Kulisse.

Die Wirtin hat offensichtlich – wie schon nach dem Auftritt am 15.4. – einen Narren an uns gefressen und bittet uns salopp charmant um einen Eintrag ins Gästebuch. Wir verewigen uns entsprechend weit hinter Boney M. und Fritz Walter (!).

Zum Dank dürfen wir uns sogar noch Proviant aus dem reichhaltigen Buffet einpacken.

Fazit: Mosbach und Adelsheim werden ENKELZ intern geadelt.

Knutzen