SAARBRÜCKEN – KONGRESSHALLE 1.7.2006

Bereits früh morgens brennt die verwaschen gelbliche Hitzescheibe aus einem Himmel ohne direkte Farbe gnadenlos auf alles Irdische herab um den Atem zu lähmen. Erste Liter salzige Suppe fließen schon während des Einladens der Anlage in den auf Sauna temperierten Bulli aus allen Poren.

Wir verlassen „SaHAraMBURG“ via Elbbrücken nach Saarbrücken. Da ist bannich viel Zeit zu überbrücken. Knapp 700 liebliche Kilometer liegen vor uns, pro Fahrt versteht sich.

Ausgiebig Gelegenheit, das aktuelle Geschehen aus spezieller ENKELZ Sicht zu erörtern. Ein gedopter Bär namens Bruno ist von der „Tour de France“ ausgeschlossen und Jan Ulrich haben lustige Jägersleut im Quäle-Prom Trikot erschossen, weil er sich in fremden Hühnerställen gütlich tat. Oder so ähnlich. Wie gesagt, es ist heiß, sehr heiß...

Orgiastischer Jubel kommt trotzdem noch auf. Tokio Hotel ist nach Hamburg übergesiedelt. Geil, so´n büsch´n Alete-Metal wertet die heimische Szene mächtig auf. Das ist sogar „Hip“. Haut die Karotten in die dürren Klamotten. Außerdem tanzt die hiesige Avon Beraterin vor lauter Umsatzerwartung nackt auf dem Tisch.

Eine weitere Begegnung vehement voluminöser Variationen der holden Weiblichkeit nach Schwarzheide steht schon auf der Autobahn an. Ein sehr tief gelegener Kleinstwagen überholt uns quälend langsam. Drinnen zwei nicht unbedingt graziöse Gazellen mit gar schröklichem Leibesumfang. Das Lenkrad scheint sich unter der Last einer wahrlich gigantische Fleischmasse förmlich zu verbiegen. Welch ansatzlos plazierter, bedrohlicher Bombast Busen extern der europäischen Euternorm. Übliche PKW Armaturen sind nur zu erahnen, da drinnen tobt ein Krieg Airbag gegen Airbag. Der Brüller ist dann das Kennzeichen, das hier aus Gründen des Datenschutzes nicht genannt werden kann. Nur soviel, es hat sehr viel mit Catchen zu tun. Hulk läßt grüßen.

Ansonsten sind wir eingekeilt von Engländern. Die Fish & Chips Karawane in rot-weiß frönt einer Art „Prince Charles goes Fettnapf“ Tour bis Gelsenkiach´n. Rüpel Rooney und Fashion Ikone David B. kicken auf Schalke gegen TNT (Trinidad `N Tobago) Whole Lotta „Royals“.

Das Ambiente der Kongreßhalle in SB fällt dann sehr edel aus. Eine einzige Kulisse aus Glas, Spiegeln, Marmor und Chrom im weit verzweigten Labyrinth der Architektur. Wir erahnen förmlich die Schlipsträger, Yuppies, Spekulanten und ähnlich Wichtige, die hier sonst herumschwirren und ohne die eine moderne Gesellschaft im Prozeß der fortgeschrittenen Globalisierung wohl nicht mehr existieren kann. Rock´n Roll pur.....

Die Bühne erreicht mit 30 – 35 m Breite pyramidonale Ausmaße. Offensichtlich wird hier auch Klassik mit ganzen Orchestern aufgeführt. Nun denn, die ENKELZ spielen heute ausnahmsweise ohne Bläsersatz, Streicher Armee und Background Chor. Die mittig aufgebaute Backline läßt links und rechts folglich noch massig Platz, da könnten glatt Klinsis Jungs trainieren. Auf alle Fälle ein denkwürdiger Ort. Da, wo Oscar Lanfontaine sonst sozialistische Parolen propagiert wird Achimo heute böhse Lieder zum Besten geben.

Auch in SB rollt dank der WM eine gigantische Euphoriewelle in Schwarz Rot Gold durch die Stadt. König Fußball als Stimmungsbeschwinger. Dem wird Tribut gezollt, also kurzerhand die Set List geändert.

Während erst- und wohl auch letztmals bei einem ENKELZ Konzert die noch zu später Nacht aus dem Internet gezogene deutsche Hymne vom Band läuft, erfolgt eine erklärende, beschwingte Ansage zu diesem nicht eben gewöhnlichen Szenario durch den Verfasser dieser Zeilen.

Die Bande entert relaxed die Weiten der Bühne, inbrünstig von der Meute begrüßt. Denn, „Alle singen mit“.

Der permanent allseits präsenten, aber nicht näher zu ortenden, selbst ernannten Gesinnungspolizei sei von vorn herein gesagt: Es wird EINZIG UND ALLEIN die offizielle legitime Version intoniert, UND SONST GAR NICHTS!!

Frei von Pathos und andere Völker diskriminierenden Texten schwingt hier eine Art fröhlicher Patriotismus bei gleichzeitiger Einstimmung zum weiteren Mitsingen durch die Halle. Absolut nicht peinlich, eher schon ein wenig ergreifend diese friedlich losgelöste Stimmung.

Der „Opener“ Deutschland 2006 brettert dann auch gleich gewaltig den Anwesenden um die begeisterten Ohren. Es werden aufgeblasene Fußbälle von der Bühne gekickt und der in Bremen von den „Mannemer Jungs“ gestiftete Cup „Julia Rimet“ kommt ein weiteres mal zu Ehren.

Die Stimmung ist von Anfang an auf dem Siedepunkt, ein Zustand, der sich während des gesamten Auftritts bei erstklassigem Sound nicht mehr ändert.

Leider ist die Halle etwas dünn mit Publikum besetzt, Werbung im Sinne von Bekanntmachung einer Veranstaltung ist eben doch ein nicht zu unterschätzender Faktor für eine volle Hütte. Siehe Handbuch für Veranstalter, Kleines 1 x 1, Abschnitt „So kompensiere ich die Gage ohne schlaflose Nächte“.

Die ca. 400 bis 500 Anwesenden strapazieren dessen ungeachtet lautstark ihre Stimmbänder, geforderte Zugaben werden wie üblich galant generös gegeben, neue Fans sind gewonnen.

Der spätere Abstecher ins Saarbrücker „Nachtleben“ erweist sich als wenig prickelnd. Ein gehöriges Gebündel Gips gesichtiger Gesellen und arg aufgetakelte Wesen ohne wahrhaft weiblich anmutende Ausstrahlung vor der Tür lassen uns den empfohlenen Club dann gar nicht erst betreten. Hätte auch nicht gepaßt. Die nach außen dringende Beschallung erweist sich eher als akustische Belästigung plastikanter Art, außerdem liegt ein unterschwelliges Aggressionspotential in der Luft, daß keiner von unserem ansehnlichen Mob auch nur annähernd braucht, erst recht nicht zum Profilieren. Eine Landschaft in Moll eben. Danke für Nichts und ab ins Hotel.

Teile der BOSC und auch ORR Gemeinde nächtigen hier ebenfalls, ausreichend Masse Mensch genehmer Prägung für ein geselliges Beisammensein ist allemal vorhanden.

Frühstück ist trotz aller verbaler Bemühungen des Veranstalters nur bis 9 Uhr, also kurz nach Mitternacht möglich. Ein derartig massiver Verstoß gegen die Genfer Konventionen läßt nur EINE strategisches Reaktion zu: BOckiges Verschlafen aus Prinzip. Gefrühstückt wird woanders.

Erste Anlaufstelle außerhalb SB ist der seinerzeit nach einem Gynäkologenkongreß benannte Ort „Scheid“. Die dortige Brunchbude ist jedoch geschlossen. Im „Shell Shop“ der nebenan gelegenen Tanke preist ein wohlbeleibter Herr freundlich sein nicht vorhandenes Sortiment an. Absolut rein gar nichts für eine erste dezente Magenerheiterung ist hier zu erstehen.

Außer der in Stanniol verpackten und darunter in ein eng anliegendes durchsichtiges Präservativ gequetschten, bundesweit geläufigen Industrie Aasstange in blasiger Wabbelteig Ummantelung. Brrr.., dann lieber hungern. Nicht mal eine Tageszeitung mit Fußballberichterstattung liegt vor. Scheid im Embargo, so´n Scheiß.

Wir haben dann doch noch überlebt. Selten werden Rühreier mit Rösties derartig intensiv herbeigesehnt begehrt. Das vormalige Knurren der Mägen weicht wieder dem sonoren Schnurren des Diesels für die endlosen, kommenden Stunden zwischen Stau und Hitze.

Bei allem Spaß für ca. 3 Stunden, 1400 KM (Unisono als Kotz Meilen tituliert) sind ´ne harte Nummer. Wir tragen uns mit dem Gedanken, zukünftig Fan-Kilometer zu versteigern. Als solidarische, Hinterteil schonende Aktion getreu des Mottos: Fanz retten die Ärsche der ENKELZ.

Knutzen